Wein und Rausch Tucholsky  

 

"Merkt ihr nischt - ?"

Ein Tucholsky-Abend

 

Stimme: Reinhard Mahlberg

Klavier: Ulrich Schultheiß

 

Textauswahl: Bernhard Weck

 

Chansons, Lieder, Gedichte und Prosatexte aus den Jahren 1919 bis 1932 stehen auf dem Programm, das Reinhard Mahlberg gemeinsam mit dem aus Nürnberg stammenden Komponisten und Pianisten Ulrich Schultheiß präsentiert.

Seit seinen frühesten Veröffentlichungen wandte sich Kurt Tucholsky, der am 21.12.1935 im schwedischen Exil durch eigene Hand aus dem Leben schied, gegen die bornierte Selbstzufriedenheit des wilhelminischen Bürgertums in Deutschland und dessen unheilvolle antidemokratische Einstellung, die schließlich im Zusammenspiel mit den Nationalsozialisten zum Untergang der Weimarer Republik führte.

Er, der durch die Erfahrungen des I. Weltkriegs zum kompromißlosen Pazifisten geworden war, verabscheute das durch die obrigkeitsstaatliche Atmosphäre begünstigte ausbeuterische Gewinnstreben der tonangebenden Gesellschaftsschichten ebenso, wie spießbürgerlichen Muff aller Couleur.

"Gegen alles, was stockt und träge ist" schrieb Tucholsky bis zu seinem "freiwilligen", resignativen Verstummen im Jahr 1932 ("Ich habe Erfolg, aber keine Wirkung") an; oft schneidend polemisch, nicht minder häufig mit überlegen witziger Ironie, die seine Kontrahenten in ihrer erbärmlichen Lächerlichkeit schonungslos bloßstellte. Das Chanson "Merkt ihr nischt - ?" ist eine Aufforderung, endlich selbständig und vorurteilslos zu denken, die herrschenden Machtverhältnisse zu durchschauen und eigener Urteilskraft zu vertrauen. Titel und Inhalt des Liedes scheinen deshalb prädestiniert, den Rezitationsabend sozusagen programmatisch zu umreißen, denn "wachrütteln" wollte Tucholsky seine Leser und Zuhörer auch in den meisten seiner heiteren und nicht eben unmittelbar politischen Texte.

Franz Kafka nannte Tucholsky nach der einzigen Begegnung der beiden 1911 in Prag einen "ganz einheitlichen Menschen". Diese Charakterisierung des Mannes mit den vier beinahe ein Eigenleben führenden Pseudonymen Ignaz Wrobel, Kaspar Hauser, Peter Panther und Theobald Tiger, des streitbaren politischen Publizisten, Justizkritikers, Verfassers frecher Chansons und Gedichte, Autors eigenwilliger und einfühlsamer Reiseberichte, originellen Briefeschreibers und was der wohlfeilen Etikettierungen noch mehr sein könnten, scheint auf den ersten Blick unzutreffend zu sein.

Aber Kafka hatte wohl recht: Hinter allen noch so scheinbar widersprüchlichen publizistischen Äußerungen läßt sich ein durchgehender Grundton, ein "großes Thema" entdecken: die tiefe Überzeugung vom Wert und dem Vorrang des menschlichen Individuums vor entstellenden kollektiven Systemen und deren Ansprüchen.

(Bernhard Weck)

Aufführungsdauer ca 1 3/4 Stunden

eine Pause

(individuelle Gestaltung möglich)

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